Michael Helm

Weimar – Ein Reiserückblick

vom 31. Juli 2023

Im Shakespeares lecker gegessen. Ein kleines Restaurant in Weimar, das seit Jahren da ist, wenn wir da sind. Und das ist heutzutage nicht selbstverständlich. Thüringische Spezialitäten, gute Salate, heimisches Bier. Sitzen im Biergarten, bei dieser Wärme, … reden, genießen, … passt.

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Oft sind wir in den Theaterferien unterwegs oder es sind nur die leichten Sommertheaterangebote im Programm; leichte Kost, open air, fast immer ausverkauft. Diesmal nicht.

Wir wurden im Deutsche Nationaltheater Weimar in die ersten beiden Reihen geführt. Obwohl das Stück ausverkauft war, waren die hinteren Reihen abgesperrt. Dort belehrt darüber, was wäre, wenn jemand von uns Platzangst hätte, folgten wir dem Bühnenpersonal auf die Hinterbühne in die Dunkelheit. Zu sitzen kamen wir auf schmalen, engen Bänken in einem Bahnwaggon? Die Türen wurden krachend zugeschlagen. Dunkelheit.

Das Stück „Die große Reise“, nach einem Roman von Jorge Semprún, spielt im Deportationszug von Paris nach Buchenwald. In der Enge des Waggons, mitten im Publikum, spielte das Puppentheater aus Gera dies Stück mit lebensgroßen Puppen und Schauspieler*innen im funzeligen Licht. In bedrückender Nähe. Vor allem die Geräusche, die von Außen auf uns eindrangen … Woher stammt das? … Was ist das? … Die präzise gespielt und gesprochenen Dialoge zwischen Gérard und dem Jungen aus Semur. Alle befinden sich auf dem Abtransport im Viehwaggon nach Deutschland, nach Buchenwald. Sie wissen nicht wohin, von Hunger, Durst und Angst bedroht. Ein verstörender Abend, dem ein längeres Schweigen folgte. Ein guter Abend.

Dies geschah mir, obwohl ich „Die große Reise“ von Jorge Semprún bereits kannte, wie viele seiner anderen Romane. Aber ich werde sie lesen, wieder und immer wieder lesen. Und immer wieder werde ich die Gedenkstätte oben auf dem Ettersberg besuchen.

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