Michael Helm

Unglaubliches in C-Zeiten

vom 05. Mai 2020

Aufgelesenes VII

Es gibt Tage, die sind zum Kotzen. (Schuldigung, aber so heißt dat nun mal bei uns im Pott.) Es gibt Tage, die sind so schnell vorbei, obwohl ich im gewerkschaftlichen Sinne nicht gearbeitet habe. Wenn ich mir jetzt aber anschaue, was ich im März und April so alles gelesen habe, dann muss ich mich schleunigst nach einer anderen Definition für Arbeit umsehen.

Ich führe ein kleines Lesetagebuch und dahinein verirrte sich jüngst mein überraschter Blick. Das sprengt im Augenblick alles Dagewesene. Plötzlich habe ich Zeit für Bücher, die längst im Regalhintergrund verschwunden waren. Jetzt räume ich andere vorwitzige Exemplare aus der ersten Reihe zur Seite und entdecke … Unglaubliches:

Max von der Grün – Stellenweise Glatteis, Flächenbrand, Die Lawine. Wolfgang Koeppen – Das Treibhaus, Tod in Rom. Klaus Böldl – Der Atem der Vögel, Der nächtliche Lehrer. Georg Büchner – mal wieder den Lenz. Hans-Ulrich Treichel, Juli Zeh, Mathijs Deen, Jon Fosse und und und …

Und endlich mal wieder Zeit, mich durch Sachbücher – wie die zur jungen Bundesrepublik – durchzuwälzen. Und niemand ruft an! Nicht einmal mein lieber Freund und Kollege Jürgen E., der dann immer in den Hörer schrie: „Aaaarbeit!“

Gibt’s nicht mehr, aus, finito.

Allerdings …, manchmal vermisse ich sie eben doch, die Schüler, die mich liebevoll nerven, das Publikum, das dann alles wirklich ganz genau wissen möchte, die Veranstalter die dieses und jenes wollen (wer will das nicht?) und die lieben Kollegen, die alles besser gestern erledigt wissen müssen. Ach, was hab´ ich euch alle lieb!

Tja, Arbeit, wie immer man sie definiert, sie kann so schön sein.

mh

PS. Bevor alle besorgt nachfragen: Nein, ich habe meinen Job nicht drangegeben. Aber ich brenne momentan eben nur innerlich. ;)

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