Michael Helm

Weimar – Ein Reiserückblick

Ich habe in zwei Buchhandlungen in Weimar gestöbert. Das sind kleine Geschäfte, die nicht in jeder Stadt gleich aussehen, in denen man mit kompetenten Menschen über Literatur reden kann. Menschen die unter Literatur nicht nur Krimis verstehen.

In Hoffmann`s Buchhandlung in der Schillerstraße fand ich alles, was das Klassikerherz höher schlagen lässt. Hier waren neben Goethe & Schiller und dem, was man an touristischen Beigaben verkaufen muss, auch die ganzen schönen, neuen Wieland-Veröffentlichungen zu finden. Zum Stöbern geeignet.

Ein tolles handverlesenes Angebot hatte auch die Buchhandlung Eckermann. Hier durfte ich zudem Zuhörer zweier Lesungen sein, die sich gelohnt haben. Auch wenn Autor*innen-Lesungen nicht immer so gut besucht werden, wie wir es uns wünschten, die Stimmung war umso intensiver. Manchmal ist es schon interessant, den Diskussionen anderer zu lauschen. Auf Reisen beobachte ich lieber. Der Verfasser schmunzelt.

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Weimar ist eine kleine Stadt, alles ist zu Fuß zu erreichen. Autos hörte ich selten. An vielen Orten kann man draußen sitzen, essen und trinken. Es ist gemütlich. Abends gab es im Café hinter dem Museum zur Weimarer Republik regelmäßig Lesungen und kleine Konzerte. Open Air Rock hörten wir am Goetheplatz. Am Theaterplatz zu sitzen, am Eis zu schlecken und die Leute zu beobachten, die aus aller Welt herkommen, war mir abendliche Gewohnheit geworden. Es herrschte ein mediterranes Flair.

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Weimar ist eine Stadt die fokussiert. Auf Kunst und Kultur: die vielen Museen zur Weimarer Klassik, Goethehaus, Schillerhaus, Herderkirche, Wielandgut. Auf deutsche Geschichte: das Museum zur Weimarer Republik, die Gedenkstätte Buchenwald auf dem Ettersberg, das Speziallager Nr. 2, das die Sowjetunion bis 1950 weiterführte, als der Krieg schon vorbei war. Die Häuser des ehemaligen Fürstentums, die Anna Amalia-Bibliothek. Auch die Geschichte des Bauhaus ist mit Weimar verknüpft und kann heute dort besichtigt werden. Weimar kann über Tage hinweg solche Anregungen bieten. In Museen kann man sich die Füße müde stehen, aber der Geist kommt dabei nicht zu kurz. Gut, wenn man anschließend in einer der Cafés oder Gasthäuser sitzen kann, um grünen Tee oder Köstritzer zu genießen. Der Verfasser schmunzelt schon wieder.

Aus dem Block …

Klassik trifft Rock, schon wieder?

Diese Frage könnte man sich stellen. Rock, Hard Rock, Pop, viele Musiker*innen haben mittlerweile mit bekannten Orchestern zusammen gespielt, live. Die Aufnahmen gab es dann auf CD oder auf allen anderen Kanälen zu hören. Die Ergebnisse waren sehr unterschiedlich. Mit einer Ausnahme, nämlich bei Metallica, fand ich sie nicht unbedingt beeindruckend.

Bei New Model Army ist das etwas anderes. Sie spielten mit Sinfonia Leipzig zusammen. In Leipzig fand das Konzert auch statt. Jetzt kann man die Aufnahme als „Platte“ hören. Ich bin begeistert.

Es bleibt der Sound der Band, das finde ich wichtig. Oft nimmt sich das Orchester angenehm zurück, um dann im Detail wunderbare Klangbilder zu schaffen, die das Stück tragen, begleiten oder ihm eine kleine Nuance verleihen, die ich vorher nicht entdeckt hatte. Es sind Stellen, in denen das Orchester Passagen der Songs mit klassischen Mitteln interpretiert, als wären die Stücke dafür geschrieben. Da wird nicht gezaubert, da produziert sich niemand vor dem anderen. Die New Model Army-Songs, ob alt oder jung, geben auch orchestriert ein unglaublich stimmiges Bild ab. Auch wenn die zwei musikalische Welten sehr weit voneinander entfernt zu liegen schienen. Das gilt nicht nur für die langsameren sondern auch für die Hochtempostücke. Aus zwei musikalischen Welten wird eine einzige.

Das hätte ich gerade bei dieser Gruppe, die ich seit Jahrzehnten gerne höre, nicht unbedingt gedacht. Vielleicht war das ein Fehler, denn diese besondere Art die Songs zu spielen, scheint durchaus in der Musik New Model Armys angelegt zu sein. Schön, wenn man trotz anfänglicher Skepsis so angenehm überrascht wird.

Auftrittsimpressionen

Hier einige Impressionen unseres Auftritts am 09. September 2023:

Die Vorlesewerkstatt war ein Projekt der Aktion „Herford liest ein Buch“, initiiert und organisiert vom Förderverein der Stadtbibliothek Herford, Buch.Bar.

hinten: Michael Helm | Lennard Haubrich | Jan-Hendrik Lobstein | Lennert Waletzko
vorne: Maximilian Holtkamp | Anabel Koop | Emily Pautz | Maliha Ahmed

Sechs Wochen hatten die Jugendlichen aller Herforder Schulen an Texten zum Erwachsenwerden in den 1980ern und den 2020ern gearbeitet, ein Coming Of Age zweier Jahrzehnte. Die Lesung war unsere Abschlussveranstaltung in der Stadtbibliothek Herford.

Hat Spaß gemacht. Danke an alle!