Wenn ich in Berlin und Hamburg bin, verbinde ich die Reisen gerne mit Theaterbesuchen. Da die Sommerpause am Berliner Ensemble noch nicht begonnen hatte, haben wir noch zwei schöne Abende dort verbringen können:
Erstens eine Lesung mit Katharina Thalbach. Gabriele Tergit: „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“. Wenn Frau Thalbach die Bühne betritt, hat sie das Publikum auf ihrer Seite. Der Witz, den sie in Gestik, Mimik und in ihre Sprechweise legt, ist unübertroffen. Lange habe ich nicht mehr so viel gelacht, obwohl die Lesung viele nachdenkliche Momente hat.
Zweitens eine Inszenierung von Luk Perceval. Lion Feuchtwanger: „Exil“. Sehr starkes Bühnenbild, es bestand aus zahlreichen Stühlen, die zusammengestellt den Bühnenaufbau bildeten. Eine zurückgenommene Inszenierung, die von den Darsteller*innen und der Sprache lebte. Feuchtwanger war lange nicht mehr präsent. An dem Roman Exil arbeitete er in den späten 1930er Jahren. Er erschien 1940. Die Hauptfigur, ein Komponist, ist vor den Nationalsozialisten aus München geflohen und lebt bereits zwei Jahre im Pariser Exil. Das Leben im Exil, der Kampf gegen den immer stärker werdenden Einfluss der Nationalsozialisten, die Intrigen, das Scheitern in der eigenen exilierten Familie, das sind Themen, die auch heute wieder brisant erscheinen.
Beide Theaterabende haben Lust gemacht, wieder öfter nach Berlin zu kommen.
Aus dem Block …
Klassik trifft Rock, schon wieder?
Diese Frage könnte man sich stellen. Rock, Hard Rock, Pop, viele Musiker*innen haben mittlerweile mit bekannten Orchestern zusammen gespielt, live. Die Aufnahmen gab es dann auf CD oder auf allen anderen Kanälen zu hören. Die Ergebnisse waren sehr unterschiedlich. Mit einer Ausnahme, nämlich bei Metallica, fand ich sie nicht unbedingt beeindruckend.
Bei New Model Army ist das etwas anderes. Sie spielten mit Sinfonia Leipzig zusammen. In Leipzig fand das Konzert auch statt. Jetzt kann man die Aufnahme als „Platte“ hören. Ich bin begeistert.
Es bleibt der Sound der Band, das finde ich wichtig. Oft nimmt sich das Orchester angenehm zurück, um dann im Detail wunderbare Klangbilder zu schaffen, die das Stück tragen, begleiten oder ihm eine kleine Nuance verleihen, die ich vorher nicht entdeckt hatte. Es sind Stellen, in denen das Orchester Passagen der Songs mit klassischen Mitteln interpretiert, als wären die Stücke dafür geschrieben. Da wird nicht gezaubert, da produziert sich niemand vor dem anderen. Die New Model Army-Songs, ob alt oder jung, geben auch orchestriert ein unglaublich stimmiges Bild ab. Auch wenn die zwei musikalische Welten sehr weit voneinander entfernt zu liegen schienen. Das gilt nicht nur für die langsameren sondern auch für die Hochtempostücke. Aus zwei musikalischen Welten wird eine einzige.
Das hätte ich gerade bei dieser Gruppe, die ich seit Jahrzehnten gerne höre, nicht unbedingt gedacht. Vielleicht war das ein Fehler, denn diese besondere Art die Songs zu spielen, scheint durchaus in der Musik New Model Armys angelegt zu sein. Schön, wenn man trotz anfänglicher Skepsis so angenehm überrascht wird.
Auftrittsimpressionen
Hier einige Impressionen unseres Auftritts am 09. September 2023:
Die Vorlesewerkstatt war ein Projekt der Aktion „Herford liest ein Buch“, initiiert und organisiert vom Förderverein der Stadtbibliothek Herford, Buch.Bar.
hinten: Michael Helm | Lennard Haubrich | Jan-Hendrik Lobstein | Lennert Waletzko vorne: Maximilian Holtkamp | Anabel Koop | Emily Pautz | Maliha Ahmed
Sechs Wochen hatten die Jugendlichen aller Herforder Schulen an Texten zum Erwachsenwerden in den 1980ern und den 2020ern gearbeitet, ein Coming Of Age zweier Jahrzehnte. Die Lesung war unsere Abschlussveranstaltung in der Stadtbibliothek Herford.