Bachmann / Celan
Eine lyrische Annäherung mit Christine Zeides & Michael Helm
Ingeborg Bachmann, Paul Celan. Sie, eine der bedeutensten deutschsprachigen Dichterinnen bis in unsere Zeit. Er, ein wirkmächtiger Dichter der Nachkriegszeit, der die deutsche Lyrik nach Auschwitz veränderte. Der Briefwechsel der beiden war lange Zeit unbekannt, dass sie ein Liebespaar waren, ebenso.
Christine Zeides und Michael Helm geben den beiden eine Stimme, nähern sich in den Briefen und Gedichten einander an, distanzieren sich, kommen aufeinander zu, stoßen sich ab und das nicht nur verbal, sondern auch ganz räumlich betrachtet. Sie inszenieren Worte als räumliche Annäherung, als örtliche Trennung, als verwirrendes Wortgeflecht, als Verdichtung.
„Weißt Du eigentlich noch, dass wir doch, trotz allem, sehr glücklich miteinander waren, selbst in den schlimmsten Stunden, wenn wir unsre schlimmsten Feinde waren?“
Ingeborg Bachmann, 27.06.1951
Das Spannungsfeld zweier unterschiedlicher Menschen, die sich umschreiben: er, der Czernowitzer, der als Jude knapp dem Holocaust entronnen war, sie die Klagenfurterin, aus einer Stadt, in der man wenige Jahren zuvor noch dem Nationalsozialismus zugejubelt hatte. Doch das sind nur die äußerlichen Unterschiede, an denen sie sich abarbeiten.
Sie treffen sich nur sporadisch, verpassen sich, verfehlen einander. Stattdessen schreiben sie Briefe, widmen ihre Gedichte dem Gegenüber und tauschen diese in ihren Briefen aus. Über einige Jahre entsteht ein Geflecht aus Lyrik und Briefprosa das seinesgleichen sucht. Letztlich drohen sie, sich in diesem Geflecht zu verlieren. Nach der Selbsttötung Paul Celans 1970 und dem Tod Ingeborg Bachmanns 1973 sickerte nur langsam durch, was diese beiden Menschen verband und was sie trennte.
Christine Zeides und Michael Helm lassen ihre Briefe und Gedichte an diesem Abend in Spenge wieder hörbar werden.
Christine Zeides (*1995) wuchs in Bünde auf und zog dann nach Berlin. Hier studierte sie zunächst Humanmedizin und anschließend Zeitgenössische Puppenspielkunst. Schon lange schreibt sie eigene Lyrik und ist Gründungsmitglied der Herforder AutorInnengruppe; bei gemeinsamen Lesungen versucht sie Texte mit anderen Kunstformen zu verbinden. Sie versteht Kunst als gesellschaftlichen Beitrag zum Miteinander und als Experimentierfeld zur Aussaat utopischer Gedanken zur Zeit.