Michael Helm

Armer schwarzer Kater

vom 11. November 2016

Es gibt Tage im Leben, die kann man sich nur schönsaufen. Man wacht danach auf und hat Kopfschmerzen. Wenn die nachlassen, ist genügend Zeit vergangen und man sieht in doppeltem Sinne klarer. Erstens, weil sich der Alkoholpegel normalisiert hat und zweitens, weil der zeitliche Abstand den scheußlichsten Tag schon wieder heller erscheinen lässt. Einmal emotional runtergekommen, ist die Suppe schon nicht mehr so heiß zu essen, wie sie gekocht wurde. Noch ein paar Gemeingültigkeiten?! Sagt man doch so und es stimmt! Meistens, nicht immer. Mag Herr Trump sich nach der „Wahlschlacht“ noch so zahm gebärden. Mögen viele mir beschwören, dass das Amt den Präsidenten präge und nicht der Präsident das Amt. Bei Obama fanden das viele schrecklich, jetzt erhoffen es sich dieselben Leute. Jetzt verschwänden schon die ersten unmöglichen Wahlkampfforderungen des Mannes von seiner Webpage, hörte ich. Vielleicht findet sich sogar ein Friseur, der aus ihm einen schnieke aussehenden Humanisten macht. Alles schön und gut. Aber ich möchte seither täglich wieder zur Flasche greifen und mir diesen amerikanischen Wahltag schönsaufen. Alles liegt hinter einem weichzeichnenden Schleier und ich gebe mich dem süßen Geflüster der Hoffnungen und neuen Versprechungen hin. Schade nur, dass ich so schrecklich realistisch bin. Kein Schönsaufen ohne Kater. Je länger ich saufe, desto größer der Kater! Das ist die Erkenntnis meiner vergangenen Tage. Armer schwarzer Kater.

mh

Ein Gedicht

vom 27. Oktober 2016

Es scheint die Sonne, es ist angenehm warm.
Auch die Nächte sind nicht zu kalt.
Stille, man hört lediglich die Vögel, den Wind.
Ich bin für mich allein, schaue in die Ferne,
weit und breit nur Berge und Wälder.
Am Fuße des Hügels, auf dem ich in einem kleinen Häuschen lebe,
liegt ein großer See, auf den ein Steg hinaus führt.
Oft sitze ich dort, halte die Füße ins Wasser und denke nach.
Ein weiter Raum für Gedanken.
Hier kann ich ich selber sein, ohne Einschränkung denken.
Oft streife ich durch die Wälder, beobachte die Tiere,
nehme die Pflanzen, das Laub, die gute Luft wahr.
Oft sitze ich abends vor einem kleinen Feuer,
in eine Decke eingehüllt und beobachte die Flammen.
Wie sie tänzeln, Wärme und Licht spenden.
Die wahre Freiheit liegt in der Einsamkeit.

Doch bin ich in eurer Welt,
liege da, kann nur die Augen bewegen.
Ich bin gefangen in der realen Welt
gefangen im eigenen Körper.

jr

Janni Roßmann© Jannik Roßmann, 2016

Jannik Roßmann wurde 1996 in Bielefeld geboren. 17 Jahre wohnte er im Kreis Herford und zog dann wieder nach Bielefeld, wo er mittlerweile Sozialwissenschaften studiert. Seit 2008 Auftritte in der Gemeindebücherei Hiddenhausen und auf der Kleinkunstbühne der Olof-Palme-Gesamtschule, zuletzt auch in der Stadtbibliothek Herford im Rahmen der Matineereihe Café…Lese…Lust. Seit 2016 begleitet er die Lesungen der Reihe regelmäßig.

Rücklichter

vom 14. September 2016

Ein Gedicht von Jannik Roßmann

Nun, da sitzt er
in einem Restaurant.
Zusammen mit anderen Bekannten.
Es wird über alles Mögliche gequatscht – gelästert – gelacht.
Irgendwie wird er abgehängt.
Wie jemand, der dem abfahrenden Zug hinterher schaut.
Nicht an Bord ist – abgeschottet von den Reisenden.

So starrt er in das leere Glas,
ist in seiner eigenen Welt – in seiner Welt.
Denn so richtig mitreden kann er nicht – will er wohl nicht.
Es würde doch niemand verstehen – keiner verstehen.
Ignoriert werden.
So ist er wie eine Puppe,
an der vorher, hinterher, dran vorbei geredet wird.

Seine innere Stimmung scheint zu kippen.
Er hat kein Interesse mehr der Gruppe zu folgen.
Würde am liebsten alleine in einem anderen Zug sitzen,
einer der ihn weit weg bringt.
Ausbrechen – einfach weg – weit weg
– sich selber entkommen …

„Wen beobachtest du?“
Ich schaue mein Gegenüber an.
„Niemanden“

jr

Janni Roßmann© Jannik Roßmann, 2016

Jannik Roßmann wurde 1996 in Bielefeld geboren. 17 Jahre wohnte er im Kreis Herford und zog dann wieder nach Bielefeld, wo er mittlerweile Sozialwissenschaften studiert. Seit 2008 Auftritte in der Gemeindebücherei Hiddenhausen und auf der Kleinkunstbühne der Olof-Palme-Gesamtschule, zuletzt auch in der Stadtbibliothek Herford im Rahmen der Matineereihe Café…Lese…Lust. Seit 2016 begleitet er die Lesungen der Reihe regelmäßig.

OWL im Fotoshooting

vom 12. September 2016

Leineweber Bielefeld

Versperrte mir in Bielefeld den Weg

Die Premiere für die Hermannstour naht und mein Blick in die Fotogalerie ließ mich erschrocken am Schreibtisch zusammensinken. Hatte ich eine Regentour versprochen? Auf den Bildern sind Außerirdische, verpackt in regenabweisenden Müllsäcken zu sehen. Ich erkenne mich da selbst nicht wieder. Zugegeben, damals erinnerte unsere Ausrüstung noch eher an Folgen von Raumschiff Orion. Nach den wunderherrlichen Eifelbildern kann ich das den Ostwestfalen nicht antun, vor allem beim heutigen Blick in den strahlendblauen Himmel. Also los, Sachen gepackt und auf geht´s: Schönwetterbilder machen. OWL im Fotoshooting! Wie schön kann Detmold doch in der Sonne sein. Die Menschen schauen zwar etwas verbissen – 30°C im Schatten kommt ihnen im September schon Spanisch vor – aber das Fachwerk ist ohne Regen einfach schöner. Selbst der Hermann grinst, der alte Cherusker. Externsteine ohne Regen, auch nicht verkehrt und … der Rest wird nicht verraten. Vorbeikommen und staunen: So schön kann OWL sein!
mh

Adeles Lachen

vom 11. September 2016

Eine Erzählung von Michael Helm, gelesen vom Autor

Michael Helm„Ich erinnere mich; ein angenehmer Duft von Kaffee zog immer durch das kleine Wohnzimmers und Adele lächelte. Sie lächelte ihr mädchenhaft verschmitztes Lächeln, wenn sie von früher erzählte. Den frischen Kaffee hatte sie selbst gebrüht, auf ihrem kleinen Zweiplattengaskocher… .“

mh

U-Bahn Duft

vom 06. September 2016

Ein Gedicht von Jannik Roßmann

U-Bahn Duft
Warme, trockene Luft
Wind
Helles, grelles Licht
Tief unter der Flur, Beton-Röhre
„Bahn fährt ein, Vorsicht am Gleis!“ – hallt es
Wildes Getöse an- und abfahrender Züge
Lärm
Türen öffnen sich
Viele Menschen –
unterschiedlicher Herkunft, Charakter, Aussehen

Kein Sitzplatz, stehen, festhalten
Junge Frau sitzt unweit entfernt
Ausstrahlung
Blickkontakt, Lächeln, Freude

Zug bremst, steige aus
Schaue dem Lächeln hinterher

jr

Janni Roßmann© Jannik Roßmann, 2016

Jannik Roßmann wurde 1996 in Bielefeld geboren. 17 Jahre wohnte er im Kreis Herford und zog dann wieder nach Bielefeld, wo er mittlerweile Sozialwissenschaften studiert. Seit 2008 Auftritte in der Gemeindebücherei Hiddenhausen und auf der Kleinkunstbühne der Olof-Palme-Gesamtschule, zuletzt auch in der Stadtbibliothek Herford im Rahmen der Matineereihe Café…Lese…Lust. Seit 2016 begleitet er die Lesungen der Reihe regelmäßig.

Aus dem Leben eines Taugenichts (Hörfassung)

vom 26. August 2016

gelesen vom Autor Michael Helm.

„Sieben Uhr Abfahrt in Hannover. Nach dem Wochenende in Hamburg und mitteldeutschem Zwischenstopp geht es weiter nach OWL. Ein paar Terminchen. Da ich pünktlich sein will und der A2 bei Bad Nenndorf und Bad Eilsen nie über den Fahrweg traue, fahre ich lieber mit einer Ersatzstunde im Gepäck …“

mh

Aus dem Leben eines Taugenichts

vom 24. August 2016

Sieben Uhr Abfahrt in Hannover. Nach dem Wochenende in Hamburg und mitteldeutschem Zwischenstopp geht es weiter nach OWL. Ein paar Terminchen. Da ich pünktlich sein will und der A2 bei Bad Nenndorf und Bad Eilsen nie über den Fahrweg traue, fahre ich lieber mit einer Ersatzstunde im Gepäck. Ich kenne Elfriede: Elfriede berichtete ja schon bei Hamburg von Unfall auf der A7 gemeldet oder Baustelle auf der A1 gemeldet im Minutentakt. Ihr Lieblingsspruch war: Sie fahren auf der schnellsten Route. Elfriede lügt! Kann eine Maschine lügen? Genug Zeit, im Stau darüber zu philosophieren.

Heute also Konferenz an der Gesamtschule in Bünde zwecks Rekrutierung neuer Lesescouts für das neue Schuljahr. Alle drei Kultur-und-Schule-Projekte sind genehmigt. Jetzt geht´s los: das gekonnte Spiel auf der Klaviatur der Organisation, angepasst an die Bedingungen der jeweiligen Schule. Eine Konferenz in Bünde, flitze weiter nach Hiddenhausen, eine Konferenz an der dortigen Gesamtschule, flitze über die Straße zum kurzen Gespräch in die Gemeindebücherei – Christine, die Leiterin, und ich, sind uns einig – wir haben uns nach den Urlaubstagen die schwarzen Ringe unter unseren Augen schon wieder redlich verdient – und weiter nach Herford, Stadtbibliothek. Flitze zwischen Vorgesprächen zur Lesung, Besprechung von Texten und Pressegespräch hin und her. Vorfreude: Die Matineen beginnen wieder im September. Besprechung der Räumlichkeiten mit dem neuen Team der Bibliothek vor Ort. Die Technik ruft aus Dortmund an und gibt grünes Licht. Ich grüße zahlreiche Menschen, die mich anlächeln. „Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider – Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück … Vorbei, verweht, nie wieder.“ Mir fallen die Zeilen aus dem Tucholsky-Gedicht ein. Wie vielen Menschen habe ich heute schon in die Augen geschaut? Gesprochen, besprochen, vereinbart, geplant, entwickelt, verwickelt, verworfen. Ergebnis: „Vorbei, verweht, nie wieder.“

Dann stehe ich plötzlich auf dem Linnenbauerplatz in Herford und weiß nicht, was ich machen soll. Kinder spielen im Wasser, klettern fröhlich schreiend über ein Piratenschiff, Eltern plaudern, junge Menschen reden mit Smartphone. Ich stehe und weiß nicht wohin. Mein nächster Termin ist erst in zwei Stunden. Wie ich so über den Platz schaue, spricht eine langjährig treue Zuhörerin zu mir: „Sinnieren Sie über das Wesen der Herforder?“ Ich bin ganz verdattert. Und dann verschlingt mich Herford für zwei seltene Stunden meines Lebens. Ich werde nicht sagen, was ich getan habe und woran ich gedacht habe. Nur, dass mir das Wesen der Herforder ein wenig deutlicher vor Augen war, als ich zu meinem nächsten Probetermin eilte.

Abends auf der A2 in Richtung Heimat ist es dunkel. Ich schaffe es auch nicht ganz. Muss eine längere Pause auf einer Raststätte machen. Spreche mit einem LKW-Fahrer über sein tägliches Brot auf den Rastplätzen entlang der Warschauer Allee, über die tristen dunklen Nächte, eingereiht zwischen LKW, LKW, LKW. Ich schlafe ein wenig im Auto. Als ich erwache, lausche ich dem Rauschen der Fahrzeuge auf der Bahn hinter mir und stiere abwesend in die Dunkelheit. Hier ganze Nächte verbringen? Ich lasse den Motor an. Es geht weiter. Gedanklich bin ich noch lange nicht zu Hause angekommen, als die Haustür hinter mir ins Schloss fällt. Alles ist so ruhig hier und dunkel. Mitten in der Nacht. Vor der nächsten Abreise.

mh

Moin Moin…

vom 21. August 2016

Hamburg

 

 

 

 

…aus Hamburg!

Neulich entdeckt…

vom 26. Juli 2016

Lektoren auf Reisen

 

 

 

 

 

Offenbar waren hier vor mir bereits zwei Lektoren auf Wanderschaft. Wusste gar nicht, dass die so weit rauskommen.

mh